Runeninschriften im Mittelalter

Als die Stabkirche von Uvdal im Frühmittelalter erbaut wurde, war die Volkssprache altnordisch. Zu dieser Zeit wurde eine mittelalterliche Runenreihe verwendet. Diese wird nach den ersten sechs Zeichen der Reihe „Futhark“ genannt. Auf die gleiche Weise wie auch unser Alphabet nach den ersten beiden Zeichen Alpha und Beta benannt ist. 

Viele der mittelalterlichen Runeninschriften sind Kritzeleien, die in Kirchenwände oder Säulen eingeritzt wurden. Oft stehen dort nur wenige Runen, vielleicht ein Name oder ein kurzer Satz wie zum Beispiel „XY ritzte diese Runen.“, oder “Möge Gott XY beistehen.“ In der Stabkirche von Uvdal wurden sieben Runeninschriften gefunden. Eine ist fast unleserlich, die anderen sind kurz und ergeben wenig Sinn. Drei Inschriften enthalten das Runenalphabet oder Teile davon. Die letzte besteht aus zwei Worten: “Vater unser.“  

An zwei Stellen der Stabkirche in Uvdal, an einem Eckpfeiler im Chor, sind die beiden ersten Runen des Futharks eingeritzt. Auf einem Pfeiler in der Mitte des Schiffes steht die komplette Runenreihe, nur die letzte Rune fehlt. Warum sind Teile der Runenreihe an verschiedenen Stellen in der Kirche eingeschnitten? Sollten sie wie Tafeln für Lernzwecke für die Gemeinde sichtbar sein? Ist das vielleicht Runenmagie?  

Es gibt aus der Wikingerzeit und der Eisenzeit mehrere Beispiele für die mögliche Verwendung von Runen oder dem Futhark für rituelle Zwecke. Kann sich das im Verborgenen bis in das Mittelalter fortgesetzt haben? In früheren Zeiten konnten nur Wenige schreiben. Die Schreibkunst und ihre Kraft als Teil des Wissens über geheime Magie, auch seiðr genannt, wird in der vorchristlichen altnordischen Mythologie Odin zugeschrieben. „Runen ritzen“ wird dort häufig als eine heilige rituelle Handlung beschrieben.  

Foto: Martine Solstad Larsen

Vorchristliche Runeninschriften konnten Botschaften und Wissen enthalten, die dem gemeinen Volk verborgen bleiben sollten. Deshalb konnten Runen als Teil des Übernatürlichen magische Kräfte zugeschrieben werden. 

Obwohl Gebrauch und Verständnis von Runen im Mittelalter wohl weitverbreitet waren, können sich ältere Vorstellungen über die Kraft der Runen bis ins Mittelalter gehalten haben. Solche Kräfte haben damit ihren natürlichen Platz in einer mittelalterlichen Kirche mit ihrer übernatürlichen Atmosphäre, auch in der Stabkirche von Uvdal.